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Date: 2003-04-28
Spam-Filterer mutiert zum Zensor
Der in die Krise geratene Spamfilter-Anbieter Cloudmark ("SpamNet") hat am Wochenende begonnen, die Community-Foren auf seiner Website zu zensurieren. Damit will man ein selbst verschuldetes PR-Disaster bekämpfen. Ob man so Uservertrauen zurück gewinnen kann? Wer heute rechtlich unbedenkliche Forenbeiträge löscht, filtert vielleicht morgen ungeliebte Mailinglisten aus den Inboxen der Kunden...
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Nachdem die Beta-Tester ihre Schuldigkeit getan hatten, wurde die Version 1.0 der Anti-Spam-Software "SpamNet" entgegen früheren Ankündigungen plötzlich kostenpflichtig, und zwar heftig: 60 USD/Jahr soll der Spamfilter kosten, der als Plugin in MS Outlook (und bald weiteren Programmen) die User darüber abstimmen lässt, ob eingelangte Mails Spam sind. Die so gesammelten Daten landen in einer Datenbank, beim nächsten SpamNet-User wird die unerwünschte Nachricht automatisch in einen Spam-Folder verschoben. Ohne Usermitarbeit kein Spamfilter. Die Datenlieferanten sollen nun noch 60 Dollar pro Jahr drauflegen. Wäre kein Problem, hätte man nicht ursprünglich anderes versprochen und nur die Serverversionen als kostenpflichtig angekündigt.
Nun sind die User verärgert, worauf das Unternehmen zuerst mit Dementis reagierte ("Wir haben das nie versprochen" und "Die Beta-Version wird eh nicht deaktiviert"). Nachdem die "SpamFighter Community" darauf frühere Zitate postete, die gegenwärtigen Äußerungen widersprechen, und über alternative Spamfilter und Testergebnisse der Software zu diskutieren begann, wurde auf sture Zensur umgeschalten.
"The purpose of this forum is to foster a lively and constructive dialog about how we can collectively fight spam."
http://www.cloudmark.com/support/spamnet/forum/list.php?f=11
Alle Postings eines User, der Verweise auf ein von ihm eingerichtetes, zensurfreies Diskussionsforum http://www.4peakstech.com/antispam gemacht hatte, werden in Windeseile gelöscht. Die Fragen der User, worin das "constructive" Element der Zensur bestehe und nach welchen Regeln zensuriert würde, bleiben derweil unbeantwortet und werden großteils selbst Opfer der elektronischen Schere. Eine aktuelle Nachricht einer Userin, die darin eine Reihe von Gesetzen aufzählt, gegen die Cloudmark verstoßen haben soll, dürfte auch nicht lange überleben.
http://www.cloudmark.com/support/spamnet/forum/read.php?f=11&i=1336&t=1336
Der Delete-Knopf ist verlockender, als die inhaltliche Auseinandersetzung mit Personen, die viel Zeit investiert haben und die nun verärgert wurden. Das Vertrauen dieser wertvollen Multiplikatoren wird so nicht zurückgewonnen werden können.
Was die Konkurrenz als Chance begreift
http://www.sunbelt-software.com/pressreleases.cfm?id=56 "Sunbelt Comes to the Rescue of Upset Cloudmark SpamNet Users"
weitet sich für SpamNet zur Krise aus. Entgegen den Ankündigungen funktionieren viele Beta-Versionen nicht mehr. Die Erfolgsrate des Spamfilters ist drastisch gesunken, was auf eine deutliche Abnahme der Userzahl hinweist - gleichwohl die Statistik auf der Cloudmark-Site http://www.cloudmark.com konstant bei knapp über 400.000 steht. Gleichzeitig ist das Tempo der Open-Source-Version "razor" stark gesunken, was Umschichtungen von Netzwerk-Ressourcen weg von der freien Ausgangsbasis "razor" hin zur Pay-Ware vermuten lässt.
Eure Babuschka fragt sich derweil, ob man die Software eines Unternehmens in Mail-Clients integrieren sollte, die rechtlich unbedenkliche Postings aus dem Community-Forum löscht. Womöglich filtert die Software bald Mailinglisten, die beim Management in Ungnade gefallen sind?
BTW: Die Lebensläufe der drei Manager und drei Direktoren sind gespickt mit klingenden Namen früherer Arbeitgeber: Microsoft, Napster, Netscape, Mips Computers, Sierra On-Line, Fortune Magazine, AT&T, Stanford University, Inktomi und nicht zuletzt AdForce. Ein selbstloser Wechsel von Microsoft und AdForce zum hehren Kampf gegen Spam wäre aber auch zu schön gewesen...
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edited by Babuschka
published on: 2003-04-28
comments to office@quintessenz.at
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