|
<<
^
>>
Date: 2001-10-12
DE: Schilys Ueberwachungsplan
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
Stefan Krempl 12.10.2001
Der Bundesinnenminister rüttelt mit seinem zweiten Anti-Terror-
Paket an den Grundfesten des Rechtsstaats und stellt alle Bürger
unter Generalverdacht
[...]
Das Bundesinnenministerium hat ein weiteres Anti-Terror-Paket
vorbereitet, mit dem die Ermittlungsbefugnisse des
Bundeskriminalamts ( BKA), des Bundesgrenzschutzes ( BGS)
sowie des Verfassungsschutzes deutlich ausgeweitet und
verdachtsunabhängige Recherchen möglich werden sollen.
Der ausführliche, sich noch in der Abstimmung befindliche
"Gesetzesentwurf zur Bekämpfung des internationalen
Terrorismus", der Telepolis bereits vorliegt und Ende Oktober auf
der Agenda des Bundeskabinetts steht, soll die Grundlagen
schaffen für die Aufnahme von Fingerabdrücken in Pässen, "Sky-
Marshals" des BGS an Bord von Verkehrsflugzeugen bringen und
Banken gegenüber dem Verfassungsschutz auskunftspflichtig
machen. Ausländer müssten bei Inkrafttreten der Änderungen auf
deutlich schärfere Kontrollen gefasst sein.
[...]
So dringt der SPD-Politiker darauf, dass BKA-Ermittler in Zukunft
ohne strafprozessualen Anfangsverdacht und verstärkt auch
verdeckt tätig werden können. Konkret plant Schily, einen neuen §
7a ins Bundeskriminalamtgesetz ( BKAG) einzuführen. Demnach
soll das Bundeskriminalamt "zur Feststellung, ob zureichende
tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen, in den
Fällen, in denen es für die Strafverfolgung nach § 4 Absatz 1
zuständig ist, personenbezogene Daten erheben sowie weitere
Maßnahmen durchführen" können.
[...]
Derlei Regelungen sind zur Begrenzung der Befugnisse der
Strafverfolgungs- und Justizbehörden ins Polizeirecht eingefügt
worden. Eine Lockerung dieser Grundsätze ist äußerst strittig. So
warnen Experten wie Fredrik Roggan von der Universität Bremen
vor einem "Verschwimmen der Grenzen zwischen Polizei- und
Strafprozessrecht" sowie drohenden Kompetenzüberschreitungen
der Verfolger bei der vorgeschlagenen Schaffung der
"Vorfeldermittlungsbefugnis". Dem Juristen stellt sich die Frage, ob
zu Zeitpunkten, in dem noch keine Gefahr besteht und noch keine
Strafverfolgung zu besorgen ist, überhaupt schon eine
Qualifizierung von Betroffenen als Störer, Nichtstörer (oder gar
Tatverdächtiger) seriös vorgenommen werden kann.
[...]
Verstärkt ins Visier nehmen soll das BKA auf Wunsch des
Innenministeriums das Internet, da Datennetze auch "Terroristen
ein neues Tätigkeitsfeld" bieten. Den Tätern steht gemäß
Begründung des Gesetzesentwurfs mit dem Netz "eine
leistungsfähige Infrastruktur zur Durchführung von Straftaten,
insbesondere Möglichkeiten zum Angriff auf die Informations- und
Kommunikationssysteme zur Verfügung". Das hätten "Erfahrungen
aus dem Ermittlungsbereich" gezeigt. Den "anlassunabhängigen"
Streifen im Netz, die das BKA bereits durchführt, sowie dem
Einsatz der automatisierten "Rasterfahndung"-Suchmaschine
INTERMIT will Schily daher nun eine Ermächtigungsgrundlage
nachreichen ( Die Automatisierung der Web-Überwachung).
Beschränkt" werden soll sie auf die Beschaffung von
Verdachtsmomenten rund um die gesamte Palette der so
genannten "Hackerparagraphen" rund um das Ausspähen (§ 202 a
Strafgesetzbuch), die Datenveränderung (§ 303 a StGB) sowie die
Computersabotage (§ 303b StGB), die "zu erheblichen
Auswirkungen auf die innere oder äußere Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland führen oder einen erheblichen
Vermögensschaden herbeiführen" könnten.
[...]
Auch dem Bundesverfassungsschutz will Schily ein deutlich
aufgestocktes Instrumentarium an die Hand geben. Er soll das
Recht erhalten, "Bestrebungen zu beobachten, die sich gegen den
Gedanken der Völkerverständigung oder gegen das friedliche
Zusammenleben der Völker richten". Sie könnten "ein gefährlicher
Nährboden für den wachsenden Terrorismus" sein, ist der
Begründung des Gesetzesentwurf zu entnehmen. Um seiner
"präventiven" Funktion gerecht werden zu können, will das
Innenministerium den Verfassungsschutz mit allen nötigen
Informationen über die Kommunikationswege der Terroristen sowie
ihre Nachrichteninhalte im Wege von Überwachungsmöglichkeiten
nach dem "G-10-Gesetz" versorgen, das das Fernmeldegeheimnis
einschränkt ( Bundestag verabschiedet Lauschgesetz).
Die Behörde soll dazu Zugriff auf die Verbindungsdaten erhalten,
Bewegungsbilder Verdächtiger über die Auswertung der
Standortangaben von Mobiltelefonen erstellen und sogar den
umstrittenen "IMSI-Catcher" zur Ermittlung von Geräte- und
Kartennummern einsetzen dürfen ( Regierung hält IMSI-Catcher für
(fast) legal). Die sieht das Innenministerium als
"Einstiegsinformationen", die zur Ermittlung der Telefonnummer
und damit für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Anordnung der
Telekommunikationsüberwachung nach dem G 10 erforderlich sind.
Die Verfassungsschützer sollen außerdem Geldflüsse und
Kontobewegungen überwachen, um die logistischen
Vorbereitungen von Terroranschlägen und ihre Finanzierung zu
verhindern. Der Entwurf will zu diesem Zweck Banken und
Finanzinstitute zur Auskunftspflicht verdonnern. Dabei sei
sicherzustellen, "dass jede Transaktion zurückverfolgt werden
kann".
[...]
Während Amerikaner und Briten noch über die Einführung
nationaler Identifikationskarten debattieren, sieht der deutsche
Entwurf daher bereits Änderungen des Passgesetzes sowie des
Gesetzes über Personalausweise vor. In beiden soll eine
Rechtsgrundlage geschaffen werden, neben dem Lichtbild und der
Unterschrift weitere biometrische Informationen, wie etwa
Fingerabdrücke, Handgeometrie oder Gesichtsgeometrie, in die
Dokumente aufzunehmen.
[...]
Das Ausländerzentralregister, das wichtige Daten im
Zusammenhang der Vergabe von Visa enthält, will Schily zu
diesem Zweck deutlich ausbauen. Um die Arbeit der
Nachrichtendienste und Strafverfolger effektiver zu gestalten, will
sie das Innenministerium mit der Möglichkeit versehen, den
gesamten Datenbestand automatisiert abzurufen sowie
"Gruppenauskünfte" zu erheben.
Insgesamt gehört auch die bessere Informationsausstattung aller
deutschen Auslandsvertretungen neben der weiteren Vernetzung
des Datenbestandes und des Informationsflusses zwischen den
innerstaatlichen Behörden zu den Kernanliegen des Papiers.
Die Kosten für die Sicherheit
Den finanziellen Mehraufwand, zu dem die Einführung erweiterter
Ermittlungs- und Befugniskompetenzen bei den
Sicherheitsbehörden sowie die Intensivierung der Kontrolltätigkeiten
und Sicherheitsaufgaben beim Bundeskriminalamt und dem
Bundesamt für Verfassungsschutz oder auch der Einsatz der Sky-
Marshals führen könnte, ist laut Bundesinnenministerium zum
"gegenwärtigen Zeitpunkt nicht hinreichend genau abschätzbar".
Allein die Verbesserung der Datenbestände im
Ausländerzentralregister dürfte den Bund voraussichtlich in Höhe
von 33,7 Millionen Euro bis zum Jahr 2005 belasten.
[...]
Wem noch nicht schlecht ist
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/9792/1.html
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
edited by Harkank
published on: 2001-10-12
comments to office@quintessenz.at
subscribe Newsletter
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
<<
^
>>
|
|
|
|