|
<<
^
>>
Date: 2006-05-16
Ueberwachungsskandale: Mit Data Retention ganz einfach
Kein Tag vergeht, ohne dass Medien weitere Details über Abhör- und Überwachungsskandale in Deutschland, Frankreich oder USA aufdecken. Es geht um Bespitzelung von unangenehmen Journalisten (de) und ihren Quellen, politischen Gegnern (fr) oder allgemein der ganzen Bevölkerung mit gigantischen Telefondatensammlungen (us).
-.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
Deutsche Bürgerrechtsorganisationen: Amerikanischer Abhörskandal
erfordert Umdenken auch in Europa
In den letzten Tagen ist bekannt geworden, dass der amerikanische
Geheimdienst NSA die Telefon-Verbindungsdaten von 200 Millionen
Amerikanern sammelt. Es handelt sich dabei um die "größte Datenbank
der Welt". Die gespeicherten Kommunikationsdaten werden automatisch
auf Auffälligkeiten geprüft; "soziale Netzwerke" der
Gesprächsteilnehmer werden offengelegt.
Die EU-Staaten haben im Februar 2006 ebenfalls eine systematische und
verdachtslose Vorratsspeicherung der Verbindungsdaten der gesamten
Bevölkerung beschlossen. In Deutschland hätten nicht nur
Strafverfolger Zugriff auf die Kommunikationsdaten, sondern auch
Geheimdienste aufgrund des "Terrorismusbekämpfungsgesetzes". Auch die
Musikindustrie soll auf die Daten zugreifen dürfen, so der Entwurf
eines "Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des
geistigen Eigentums". Daneben hätten ausländische Staaten wie die USA
aufgrund internationaler Verträge (z.B. "Cybercrime-Konvention")
Zugriffsrechte, wie die EU-Kommission kürzlich bestätigt hat.
Sollten die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung umgesetzt werden, sind
Missbräuche der Daten zu erwarten. Zahlreiche Beispiele in der
Vergangenheit zeigen, dass sich der Missbrauch geheimer
Überwachungsbefugnisse nicht verhindern lässt. Bekannt geworden ist
etwa die Bespitzelung kritischer Journalisten und Aktivisten in
Deutschland, politischer Gegenspieler in Frankreich sowie von
Menschenrechts- und Umweltverbänden in Großbritannien und den USA.
Auch die regierungsinterne und andere sicherheitsrelevante
Kommunikation wäre nicht mehr vor unbefugtem Zugriff geschützt, wie
der Abhörskandal in Griechenland vor drei Monaten gezeigt hat.
Der Jurist Patrick Breyer vom bundesweiten Arbeitskreis
Vorratsdatenspeicherung erklärt dazu: "Die einzige Möglichkeit, um
Missbräuche unserer Kommunikationsdaten im In- und Ausland effektiv zu
verhindern, ist der Verzicht auf die verdachtslose
Vorratsdatenspeicherung. Andernfalls werden sich regierungskritische
Personen verstärkt auf Überwachung, Durchsuchungen, Befragungen und
Grenzzurückweisungen einstellen müssen - mit entsprechenden Folgen für
unsere demokratische Gesellschaft."
Bettina Winsemann (Twister) von der Datenschutzinitiative STOP1984
schließt sich der Einschätzung an: "Für eine freie und demokratische
Gesellschaft ist eine Vorratsdatenspeicherung nicht vorstellbar.
Datenvorräte, die, einmal angelegt, bei Bedarf abgesucht werden
können, wecken hierzulande Assoziationen mit den Stasi-Akten der DDR.
Für eine weitere Fortentwicklung des demokratischen Staates ist es
wichtig, dass der Bürger sich frei und unbeobachtet in seiner
Kommunikation fühlen kann. Eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung
lähmt den demokratischen Prozess, da dessen wichtigster Bestandteil,
der Bürger, unter Pauschalverdacht gestellt wird und elektronische
"Akten" über den Bürger angelegt werden. Eine solche Beobachtung würde
sich auf die Meinungsfreiheit und Willensbildung mehr als negativ
auswirken."
Der Politikwissenschaftler Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien
kritisiert die geplanten Auskunftspflichten an die Musikindustrie: "In
den USA gerät die Regierung gerade unter Feuer, weil sie im Zuge der
Terrorismusbekämpfung Millionen unverdächtiger Amerikaner bespitzelt.
Hierzulande will die Bundesregierung das gleiche sogar privaten
Unternehmen bei mutmaßlichen Bagatelldelikten erlauben. Dieses
Vorhaben liegt jenseits aller legitimen Strafverfolgungsbedürfnisse
und schädigt das Vertrauen der Verbraucher in das Internet
nachhaltig."
Bürgerrechtler wie der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum
(FDP) haben bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die geplante
Totalprotokollierung der Telekommunikation in Europa angekündigt.
-----
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ist ein bundesweiter
Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und
Internet-Nutzern, der die Arbeit gegen die geplante
Vollprotokollierung der Telekommunikation koordiniert.
http://www.vorratsdatenspeicherung.net
Die Initiative STOP1984 ist ein offener bundesweiter Zusammenschluss
von Verfechtern der informationellen Selbstbestimmung und Gegnern von
Überwachung.
http://www.stop1984.de
Das Netzwerk Neue Medien e.V. setzt sich für den Erhalt und Ausbau von
Bürgerrechten im digitalen Zeitalter ein.
http://www.nnm-ev.de
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
edited by Mac Gyver
published on: 2006-05-16
comments to office@quintessenz.at
subscribe Newsletter
- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.- -.-. --.-
<<
^
>>
|
|
|
|
|
|
|
related topiqs
|
|
|
|
|
|
|
/q/depeschen
|
|
|
|
|