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Date: 2001-10-19

DE: Datenschutzbeauftragter bremst Schily ein


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Schilys Geheimplan im Kampf gegen den Terrorismus greift
nach Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten Joachim
Jacob zu gravierend ein in das Persönlichkeitsrecht der
Bundesbürger und bedarf einer "vertieften datenschutzrechtlichen
Überprüfung". Dies schreibt Jacob in einem Brief an das
Innenministerium und die obersten Bundesbehörden,
der Telepolis vorliegt.

***

AT: Gründlichmachen, nix Datenschutz

Dem einfachsten Parteimitglied, das Österreich je
hatte, ist des h.o. Innenministers Scharfmacherei
noch zuviel Weicheitum:

"Die FPÖ, appellierte Haider an die Abgeordneten im Saal, dürfe
sich keinesfalls einschüchtern lassen, "wenn ein paar
Schreiberlinge die Faschismus-Keule schwingen". Die "Dinge"
müssten gründlich geändert werden, "damit nicht falsche Elemente
zu uns zuwandern". Dass in in diesem Zusammenhang über
Datenschutz diskutiert werde, sei lächerlich."

Auf derselben Veranstaltung deponierten Vizekanzlerin nebst
Klubchef selbiger Regierungspartei kamerafreundlich ihre
Fingerabdrücke.

***

Europol: DNA-Formel "mitnotieren"

Europol-Chef Jürgen Storbeck im Ö1-Morgenjournal:
"Man muss darüber nachdenken, ob man den Fingerabdruck
auf das Ausweispapier druckt und ob man auch die
DNA-Formel mitnotiert."

http://www.orf.at/orfon/ticker/55525.html?tmp=17329

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Telepolis:
Schily schießt weit übers Ziel hinaus

Stefan Krempl 19.10.2001

Der Bundesdatenschutzbeauftragte äußert heftige Bedenken gegenüber
dem "Otto-Katalog" zum Kampf gegen den Terror

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob,
macht im zweiten Anti-Terrorpaket des Bundesinnenministeriums
in einer ersten Stellungnahme zahlreiche Verstöße gegen das
verfassungsrechtliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit aus. Einige
Maßnahmen gehen demnach weit über ihre Zielsetzung hinaus und
versprechen wenig Effektivität, kritisiert Jacob. Gleichzeitig fordert
er für den Fall einer Verabschiedung eine Befristung und zeitnahe
Evaluation der ins Spiel gebrachten Gesetzesänderungen.

Der aus dem Bundesinnenministerium stammende "Gesetzesentwurf
zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus"; den Telepolis
vor einer Woche enthüllte ( Schilys Geheimplan im Kampf gegen
den Terrorismus), greift nach Auffassung des
Bundesdatenschutzbeauftragten Joachim Jacob zu gravierend ein in
das Persönlichkeitsrecht der Bundesbürger und bedarf einer
"vertieften datenschutzrechtlichen Überprüfung". Dies schreibt
Jacob in einem Brief an das Innenministerium und die obersten
Bundesbehörden, der Telepolis vorliegt. Einem "konsequenten
Vorgehen" gegen "das Phänomen des internationalen Terrorismus"
will sich der oberste Datenschützer der Republik zwar nicht
entgegenstellen. Dabei müssten aber im Grundgesetz verankerte
Prinzipien beachtet werden.

Konkret erhebt Jacob unter anderem erhebliche Bedenken gegen die
vorgesehene Befugnis des Bundeskriminalamtes ( BKA), in durch
das BKA-Gesetz vorgesehenen Fällen "Datenerhebungen bereits im
Vorfeld eines Anfangsverdachts" vornehmen zu können. Eine
ähnliche Befugnis des BKA zu so genannten Initiativermittlungen
sei bereits 1993 diskutiert und nicht für tragbar befunden worden.
Da generell aufgrund Bestimmungen der Strafprozessordnung (StPO)
nur wenige Fälle in Betracht kommen würden, in denen die dem BKA
vorliegenden Hinweise nicht bereits zureichende tatsächliche
Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat darstellten, "muss die
Erforderlichkeit von Vorfeldermittlungen erheblich in Zweifel
gezogen werden."


Vorfeldermittlungen fürs BKA nur bei akuter Gefahrenabwehr


Der Bundesdatenschutzbeauftragte befürchtet zudem, dass die
Abgrenzung der polizeilichen Tätigkeit zu dem Aufgabenbereich
der Nachrichtendienste weiter verschwimmt. Prinzipiell hält es
Jacob für fraglich, ob in den Fällen, in denen dem BKA lediglich
Hinweise auf eine mögliche strafbare Handlung vorliegen, überhaupt
eine konkrete Gefahr als Voraussetzung für ein entsprechendes
polizeiliches Handeln gegeben ist. Eine solche Gefahrenabwehr sei
allerdings notwenig, um die Bundesbehörde ins Spiel zu bringen.

Einen Mangel an Datenzufuhr für die Arbeit des Bundeskriminalamts
kann Jacob im Gegensatz zum Innenministerium nicht erkennen. In den
beim BKA als Zentralstelle der Polizeien des Bundes und der Länder
geführten polizeilichen Dateien könnten bereits jetzt Informationen
zu Personen gespeichert werden, die in der Vergangenheit weder
Beschuldigte noch Tatverdächtige waren, bei denen aber aufgrund
einer kriminalistisch-kriminologischen Prognose bestimmte Tatsachen
die Annahme rechtfertigen, dass der Betroffene künftig Straftaten
von erheblicher Bedeutung begehen werde. Auf diese Daten könne auch
das BKA in seiner Funktion als Strafverfolgungsbehörde zu Zwecken
der Verdachtsverdichtung bereits zugreifen.


Verfassungsschutz verfügt bereits über genügend Befugnisse


Zu weit geht dem Bundesdatenschutzbeauftragten auch die von Schily
gewünschte Ausweitung der Befugnisse des Verfassungsschutzes, auch
wenn Jacob diesem Ziel nicht generell eine Absage erteilen möchte.
Dass erstmals Unternehmen wie Banken, Fluggesellschaften und
Telekommunikations- sowie Teledienste-Anbieter gegenüber dem
Bundesverfassungsschutz auskunftspflichtig werden sollen, sei
nicht hinnehmbar.

"Ich habe gegen diese, obgleich selektive Unterrichtungspflicht
privater Stellen über privatrechtliche Rechtsbeziehungen zu
nachrichtendienstlichen Zwecken aufgrund des Verhältnismäßigkeitsprinzips
erhebliche Bedenken", schreibt Jacob. Die Offenbarung privatrechtlicher
Geschäftsgeheimnisse, auch ohne Vorliegen eines Anfangsverdachts, sei
unverhältnismäßig, zumal die Dienste die demokratisch geforderte
Offenheit gegenüber dem Bürger vermissen ließen.


Tiefe Eingriffe in die Grundrechte bei der Telekommunikation


"Meines Erachtens reichen", so Jacob, "Aufgaben und Befugnisse der
Strafverfolgungsbehörden, die an das Vorliegen eines Anfangsverdachts
anknüpfen, aus." Besonders gravierend sei die Einschränkung des
Post- und Fernmeldegeheimnisses, da dazu keine gesetzlichen
Voraussetzungen gegeben seien. Dem vorgesehen Einsatz des umstrittenen
IMSI-Catchers zur Überwachung der Handy-Nutzer erteilt der
Bundesdatenschutzbeauftragte zudem eine grundsätzliche Absage, da
"auch unbeteiligte Dritte betroffen" wären.

Einwände erhebt Jacob auch gegen die Auswertung der Standortangaben
von Mobiltelefonen im Stand-by-Betrieb, mit denen Strafverfolger
und Verfassungsschutz dem Aufenthalt von Verdächtigen und Attentätern
auf die Spur kommen sollen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht sei die
"Erstellung von Bewegungsbildern als problematisch anzusehen". Vor
allem da vermutlich zunächst auch Bewegungsbilder von Personen erstellt
würden, die zwar spionageverdächtig seien, sich dann aber als
unschuldig erweisen könnten.

Auch bei der strittigen Aufnahme biometrischer Daten wie Fingerabdrücke
in Ausweisdokumente möchte der Bundesdatenschutzbeauftragte ein Wort
mitreden. Wegen des tief gehenden Eingriffs in die Grundrechte des
Einzelnen kann die Bestimmung der biometrischen Informationen nicht
dem Verordnungsgeber überlassen bleiben, fordert Jacob. Sie sei vom
Gesetzgeber selbst zu treffen. Die Betroffenen müssten zudem
berechtigt sein, die in ihren Dokumenten verschlüsselt aufgeführten
Daten auszulesen.

Praktische Schwierigkeiten sieht der Datenschutzexperte bei der Umsetzung
der von Schilys Beamten beantragten Änderungen des Ausländergesetzes.
Sie müssten durch ein internationalen Kontroll-Regime ergänzt werden,
um effektiv zu sein. Die Abnahme von Fingerabdrücken im Visa-Verfahren
könnte nur dann Sinn machen, wenn gleichzeitig eine Referenzdatei
geschaffen würde. In ihr müsste unter anderen festgehalten werden,
bei welcher Auslandsvertretung die biometrischen Daten abgenommen
wurden. Auch müssten entsprechenden Daten dort aus allen Schengen-
Staaten eingespeist werden. Ein Ausländer hätte sonst die Möglichkeit,
über einen Unterzeichner-Staat des Schengener Abkommens einzureisen,
der keine biometrische Daten erhebt.


Zweifel an neuen Datenverarbeitungsmöglichkeiten


Schließlich hält Jacob auch einen Großteil der geplanten Änderungen
des Asylverfahrensgesetzes für untauglich. Nach der geltenden
Rechtslage sei beispielsweise eine Nutzung der Fingerabdruckdaten
von Asylbewerbern zu Strafverfolgungszwecken nur im Einzelfall
zulässig. Bestimmte Tatsachen müssten die Annahme begründen, dass
diese Maßnahme zur Aufklärung einer Straftat führe, oder wenn sie
zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit
erforderlich sei.

Mit der beabsichtigten Streichung dieses Bedingungssatzes könnten
nunmehr Daten über Asylbewerber schrankenlos zum Zwecke der
Feststellung der Identität oder der Zuordnung von Beweismitteln
verwendet werden. Die gebotene Trennung zwischen Daten von
Asylbewerbern zu anderen polizeilichen Daten wäre zudem nicht
mehr gewährleistet. Jacobs Resümee: "Es bestehen erhebliche
Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der vorgesehenen
Datenverarbeitungsmöglichkeiten."


Rechtsstaatliche Balance geht verloren


Scharf zu Gericht geht neben dem Bundesdatenschutzbeauftragten auch
der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Helmut
Bäumler mit den Anti-Terrorpaketen des Bundesinnenministeriums. Die
Programme zeigen seiner Meinung nach, dass die Politik auf dem besten
Weg sei, die Balance zwischen demokratischen Rechten des Staates
und des Bürgers aus dem Auge zu verlieren.

Wer "rechtsstaatliche Bindungen wie lästige Hindernisse" beiseite
schiebe und bei dieser Gelegenheit gleich "lang gepflegte
sicherheitsbehördliche Wunschzettel" zu realisieren suche, übersehe,
dass "nun schon seit 20 Jahren die Gesetze verschärft worden seien."
Was Schleppnetzfahndung, Großer Lauschangriff, verdeckte Ermittler,
elektronische Staubsauger zum Abhören von Telefongesprächen
allerdings gebracht hätten, sei nach wie vor unklar.

"Wer jetzt so tut", empört sich Bäumler, "als seien den Sicherheitsbehörden
durch rechtsstaatliche Bedenkenträger die Hände gebunden, der verhindert
auch eine kritische Analyse der Vollzugsdefizite."

Quelle:
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/9863/1.html

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relayed by: bademeister@quintessenz.at
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terror und ueberwachung sind geschwister
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edited by Harkank
published on: 2001-10-19
comments to office@quintessenz.at
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