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Date: 2000-11-22
UK,NZ, EU, Global: Neue Lausch/standards
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Nicky Hager 22.11.2000
Die neuseeländischen Überwachungsgesetze gehen auf
Pläne von ILETS, einer FBI-EU-Arbeitsgruppe, zurück
#Die neuseeländische Polizei, der Security Intelligence
Service (Neuseeländischer Auslandsgeheimdienst, d. Übers.)
und das Government Communications Security Bureau
(weiterer neuseeländischer Auslandsgeheimdienst, über die
UKUSA-Abkommen unter anderem mit der NSA verbunden,
d. Übers.) drängen auf eine Ausweitung ihrer
Überwachungsrechte, darin einbegriffen die Möglichkeit,
Emails abfangen zu können. Nicky Hager geht der Sache auf
den Grund.
....
Der Gesetzesentwurf ähnelt sehr stark dem British
Regulation of Investigatory Powers Act (R. I. P. Act, Ein
Gesetz, das die Befugnisse von Fahndungsbehörden regeln
soll, d. Übers.), das vor drei Monaten in England unter stark
kontrovers geführten Debatten verabschiedet worden ist ( UK-
RIP-Gesetz über Ermittlungsbefugnisse verabschiedet, UK:
Noch mehr Abhörbefugnisse). Dieses Gesetz schreibt
Internetprovidern vor, dass sie ihre Maschinen an ein neues
Email-Abfangzentrum des MI5 (Britischer
Inlandsgeheimdienst, d. Verf.) anschließen müssen. Anstatt
die geplanten Gesetzesänderungen öffentlich anzukündigen
und darüber zu debattieren, wie es in England geschehen ist,
sind die Informationen über die Pläne der neuseeländischen
Regierung jedoch von ihr geheimgehalten worden, und es ist
geplant, sie Stück für Stück als Anhängsel an eine Reihe von
Gesetzen durch den Gesetzgebungsprozess zu schleusen,
die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.
Das erste dieser Gesetze soll dem Parlament in ungefähr 10
Tagen vorgelegt werden.
...
Tatsächlich ist diese Gesetzgebung auf den direkten
Einfluss aus westlichen Ländern - vor allem aus den USA -
zurückzuführen, die ein weltweites standardisiertes System
von Abhöranlagen durchsetzen wollen, um damit die
Aktionen ihrer eigenen Geheimdienste zu unterstützen. Die
neuseeländische Regierung und Polizei haben die
Herausgabe von Informationen hinsichtlich der Verbindungen
zwischen der vorgeschlagenen Ausweitung der
Überwachungsbefugnisse und geheimen Treffen und
Abkommen zwischen Vertretern der neuseeländischen
Regierung und westlichen Geheimdiensten verweigert. Die
leitenden Beamten haben ihre Minister nicht über die
Zugeständnisse informiert, die sie bereits an die Dienste aus
Übersee gemacht haben, um ihr Scherflein zur
Standardisierung der Überwachungsanlagen beizutragen.
....
Schließlich führen Internetexperten an, dass das Abfangen
von Emails ganz anders sei als das Abhören einer guten,
alten Telefonleitung, wo es nur darum gegangen sei, eine
einzelne Verbindung abzuhören. Zeitgenössische Netzwerke
mischen Datenpakete verschiedensten Ursprungs in einem
starken Strom und deshalb, so Erich Möchel, ein
österreichischer Journalist, der die Pläne des FBI mit der EU
aufgedeckt hatte, "müsste man einfach jeden einzelnen
Header auswerten - inklusive Absender und
Empfängeradresse - um zu wissen, welche man herausfiltern
muss." ( Globales EU-FBI-Überwachungssystem?)
Während es bereits die Ausrüstung gibt, mit der man einen
einzelnen E-Mail-Nutzer ins Fadenkreuz nehmen kann,
haben ähnliche Gesetze in anderen Ländern eine
"Überwachungsschnittstelle" gefordert, die alle Systeme der
Internet- und Telekommunikationsfirmen einzubauen sei. Im
Fall von Email bedeutet das, dass bei den Internetprovidern
eine spezielle Software installiert wird, die von
Geheimdiensten und Polizei ferngesteuert werden kann. Das
ergibt Bedingungen, die Möchel als "Himmel der
Dunkelmänner" bezeichnet. Die neuseeländische
Gesetzgebung wird genau das zulassen.
Das wird noch nicht bedeuten, dass der gesamte Email-
Verkehr gescannt wird, wie es das GCSB tut. Aber, wie die
englische Organisation Statewatch über den RIP-
Gesetzesentwurf schrieb: "Während der letzten zehn Jahre
haben die geheimen nachrichtendienstlichen' Methoden, die
während des Kalten Krieges von Inlandsgeheimdiensten
erfunden und installiert worden sind, die Methoden der
Polizeiarbeit durchdrungen."
Gibt es eine unmittelbare Gefahr, die die Ausweitung der
Rechte von Polizei und Geheimdiensten rechtfertigt?
Das andere Argument, das von Paul Swain und den Beamten
dazu benutzt wird, um die neuen Gesetze zu rechtfertigen
ist, dass die organisierten Kriminellen das Internet dazu
benutzten, der Polizeiüberwachung auszuweichen,
weswegen Änderungen notwendig wären, um zu "verhindern,
dass die Möglichkeiten der Strafverfolgung ernsthaft
eingeschränkt werden."
Detective Sergeant Cam Stokes, der sich in Auckland mit
Bandenkriminalität auseinandersetzt, teilte der NZPA (New
Zealand Press Association, Neuseeländische Presseagentur,
d. Übers.) in diesem Jahr mit, dass er von keinem einzigen
Vorfall gehört hätte, bei dem ein Verbrechen mit der Hilfe von
Email geplant worden sei und dass Kriminelle sehr darauf
aufpassen würden, was sie online sagten. Während er
meinte, dass das Abhören von Email der Polizei keinen
wesentlichen Vorteil bringen würde, sagte er, dass es "für
uns bestimmt kein Nachteil wäre, wenn wir wüssten, mit
wem die Kriminellen in Korrespondenz stehen."
Und das ist auch schon der Kern der Sache: Gibt es eine
unmittelbare Gefahr, die die Ausweitung der Rechte von
Polizei und Geheimdiensten rechtfertigt? Immerhin
verbessern sich die Verbrechensaufklärungsraten ständig,
anstatt sich zu verschlechtern. Und der Kalte Krieg ist längst
vorbei. Aber es ist einfach, von Verbrechen und Nationaler
Sicherheit zu sprechen. Wie können wir die Lage beurteilen?
Paul Swain sagt, die Geheimdienste brauchten erweiterte
Befugnisse, um "die Aktivitäten internationaler Krimineller
und Terroristen" bekämpfen zu können. Und er unterstützt
ganz besonders die Polizei dabei, diese Befugnisse zu
erlangen, damit sie "Kriminelle, vor allem Banden,
überwachen" kann.
Er sagte, dass er damit übereinstimmt, dass es ein
Gleichgewicht zwischen der Macht der Überwacher und den
Bürgerrechten geben müsse, aber er unterstützt "sehr stark"
das Verlangen der Polizei nach mehr Macht "im Krieg gegen
kriminelles Verhalten, besonders im Zusammenhang mit
Drogen."
Dem stimmt der Neuseeländische Rat für Bürgerrechtsfragen
(New Zealand Council for Civil Liberties, d. Übers.) nicht zu.
Dessen Vorsitzender, Tony Ellis, sagt, dass die
vorgeschlagenen Überwachungsgesetze die Bürgerrechte
sehr stark betreffen würden. Der Rat hat vor drei Monaten bei
Mr. Swain betreffend möglicher Email-Überwachungsgesetze
nachgefragt. Am 21. September hat dieser dann geantwortet,
er sei "sicher, dass die Rechte der Bürger Neuseelands nicht
verringert, sondern eher vergrößert" werden würden. Ellis
sagt, dass der Rat nun auf weitere Einzelheiten der
Gesetzgebung wartet und das Thema aufnehmen werden
wird. "Sie stellt ein großes und beunruhigendes Eindringen in
die Bürgerrechte dar."
Hintergrund: ILETS oder die Globalisierung der Überwachung
Die neuen Vorschläge für Überwachungsgesetze gehen nicht
von Neuseeland aus. Sie können direkt auf Pläne des FBI
zurückverfolgt werden.
Das FBI begann 1991 auf neue Überwachungsgesetze in den
USA zu drängen. In seinem Bericht "Von der Strafverfolgung
benötigte Voraussetzungen für eine Überwachung der
elektronischen Kommunikation", drückte es seine Besorgnis
aus, dass die neuen Kommunikationssysteme und eine
weitere Ausbreitung der Netzwerktechnologien ein Abhören
weitaus schwieriger machen würde als bisher. Eine
aufdatierte Version dieser "benötigten Voraussetzungen", die
den Telekommunikationsunternehmen aufgezwungen werden
sollte, damit diese ihre Netzwerke leichter Abhörmaßnahmen
zugänglich machen, ist 1994 veröffentlicht worden und stellte
die Grundlage einer neuen Überwachungsgesetzgebung dar,
die von Bill Clinton im Oktober dieses Jahres verabschiedet
worden ist. Seither haben US-Bürgerrechtlergruppen diese
Gesetze bekämpft. Die "benötigten Voraussetzungen"
(Requirements, d. Übers.) des FBI entsprechen fast wörtlich
den 24 Punkten der sogenannten "International User
Requirements", deren Einsetzung in ihrem Land
neuseeländische Beamte später zugestimmt haben. Diese
International User Requirements sind die Grundlage dessen,
was derzeit vor sich geht.
Zur gleichen Zeit, als das FBI damit beschäftigt war, die
Gesetze in den USA durchzubringen, begann es damit,
andere Länder dazu zu zwingen, die "Requirements"
anzunehmen. Das geschah, weil die US-Geheimdienste
wollten, dass die mit ihnen verbündeten Länder
standardisierte Überwachungssysteme benutzen, um die
Überwachung des zunehmenden Datenverkehrs über
Mobiltelefone und Email sicherzustellen. Das wäre
beispielsweise dienlich, wenn ein US-Geheimdienst
jemanden aus dem einen Land abhören will, der in einem
anderen Land ein Mobiltelefon benutzt und dessen Anrufe
durch das Telefonsystem eines dritten Landes geleitet
werden. Daher rührt, wie 1995 ein Polizeibericht für die EU
feststellt, der Bedarf nach der "Schaffung neuer Regelungen
für internationale Zusammenarbeit, damit die notwendige
Überwachung stattfinden kann."
Das FBI arrangierte 1993 in seinem Hauptquartier in
Quantico, südlich von Washington, D.C., ein Treffen, um die
"Voraussetzungen" weiter voranzubringen. Vertrauliche
Papiere der EU zeigen, dass bei dem Treffen Vertreter der
Europäischen Union und darüber hinaus aus Kanada,
Norwegen, Hong Kong, Australien und Neuseeland anwesend
waren. Im Januar 1995 haben die 15 EU-Regierungen im
Geheimen den Erfordernissen zugestimmt, ohne ihre
nationalen Parlamente darüber zu informieren. Seither gab es
Kontroversen in jedem Land, in dem die Gesetzgebung
durchgedrückt werden sollte.
Der nächste Schritt war eine Übereinkunft, die das US-EU-
System um Länder erweitern sollte, die nicht der EU
angehören. Die zentrale Arbeitsgruppe, die darum bemüht
war, diese Zusammenarbeit in innerer Überwachung
voranzubringen, trug den harmlosen Titel "The International
Law Enforcement Telecommunications Seminar"
(ILETS)1993 vom FBI gegründet zählt es genau dieselben 20
Staaten zu seinen Mitgliedern, die im selben Jahr dem
Treffen in Quantico beigewohnt hatten ( ILETS, die geheime
Hand hinter ENFOPOL 98).
Der harte Kern des ILETS wird von den fünf Geheimdienst-
Verbündeten der sogenannten UKUSA-Gruppe gebildet: Den
USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland.
Somit gibt es zwei weltumspannende Überwachungssysteme
in diesen fünf Ländern: Das von den USA geleitete Echelon-
System für internationale Spionage (das das
neuseeländische GCSB einschließt), und die ILETS-
Kooperation für internes Nachspionieren von Bürgern
innerhalb der Mitgliedsländer. Neuseeland war bei den ILETS-
Treffen durch Mitglieder von Polizei und GCSB, vertreten,
auch bei den Treffen in Canberra (November 1995) und in
Ottawa (Mai 1998).
Andere EU-Dokumente enthüllen, dass Australien und
Kanada im Oktober 1996 die International User Requirements
formell unterstützten und dass Neuseeland und Hong Kong
"überlegten, mit welchen Mitteln sie die Anforderungen
unterstützen könnten". Die neuseeländischen Beamten
begannen im darauffolgenden Jahr mit der Arbeit an der
Gesetzgebung, mit der die "Requirements" in ihrem Land
eingeführt werden sollten.
Sowohl die Polizei als auch Paul Swain haben in Briefen an
mich bestritten, dass die neue Gesetzgebung mit den FBI-
Plänen verknüpft sei. Jedoch hat der stellvertretende
Kommissar Paul Fitzharris letzte Woche schriftlich
zugegeben, dass "Diskussionen stattgefunden haben" und
dass die "vorgeschlagenen Gesetzesänderungen Neuseeland
in Übereinstimmung mit den meisten, wenn nicht allen,
International User Requirements' bringen würden."
Zum gesamten Kontext siehe auch das von Christiane
Schulzki-Haddouti herausgegeben Telepolis-Buch: Vom
Ende der Anonymität. Die Globalisierung der Überwachung.
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Sehr viel mehr
http://www.heise.de/tp/deutsch/special/ech/4305/1.html
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World-Information Forum
24 11 2000 Technisches Museum Wien
http://world-information.org/html/site_index/index.htm
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edited by Harkank
published on: 2000-11-22
comments to office@quintessenz.at
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